Hohes Image und tolle Optik, geringes Gewicht und hohe Stabilität sind Merkmale, die jedem sofort einfallen. Doch gerade bei Carbon können Fehler in der Konstruktion oder in der Fertigung zu erheblichen Schwächen an den Bauteilen führen. Zum besseren Verständnis macht Zedler einen kleinen Exkurs in die Werkstoffkunde.
Carbon ist generell ein Verbund von Graphit und einem Matrixmaterial als Trägerwerkstoff (duro- und thermoplastische Kunststoffe). Der Graphit liegt faserförmig vor. Die Einzelfasern können bis zu 0,5 Millimetern kurz sein, um gespritzten Kunststoffteilen mehr Festigkeit zu geben. Meist werden Gewebe aus langen Einzelfasern in eine Form eingelegt und mit möglichst wenig Füllmaterial getränkt, da dieses selbst keine Festigkeit liefert. So sind die typischen Carbonteile aufgebaut. Die klassische Optik wird allerdings durch eine Deckschicht erreicht, die unter Klarlack rein kosmetische Bedeutung hat. Bereits die werkstoffgerechte Konstruktion ist entscheidend für die Produktqualität. Denn Carbon besitzt im Gegensatz zu Metallen keine festen Werkstoffkennwerte. Diese werden neben einer werkstoffangepassten Formgebung durch Faktoren wie Anzahl und Ausrichtung der übereinander liegenden Schichten bestimmt.
Weitere Fehlerquellen liegen in der Herstellung, erhebliche Qualitätsstreuungen können die Folge sein. So werden bei den Ermüdungstests oft eklatante Schwankungen der Lebensdauer ermittelt. Konsequenterweise sollten herstellerseitig 100-Prozent-Kontrollen erfolgen. Dabei sollten die Ergebnisse unter Zuordnung der Seriennummer dokumentiert werden. Durch Steifigkeitstests können Ausreißer in der Serie erkannt werden. Als interessanter Zusatznutzen können später nach Unfällen durch vergleichende Messungen Rückschlüsse auf eventuelle Schäden gezogen werden. Bewusst eingebaute Fehlerstrukturen, die nach Unfällen anhand einer Röntgenaufnahme beurteilt werden, befinden sich noch in der Erprobungsphase.
Dennoch: Ein optimales Carbonbauteil, bei dem die Fasern werkstoffgerecht nur auf Zug beansprucht werden, hat theoretisch eine unbegrenzte Lebensdauer. Schlechte Produkte nachlässiger Hersteller oder falscher Einsatz können den Ruf des grundsätzlich guten Werkstoffs gefährden. Aus all diesen Fakten folgt, dass Carbonbauteile teuer und nicht immer unproblematisch sind.
Generell sieht Dirk Zedler den Einsatz von Carbon für bestimmte Fahrradkomponenten als kritisch an. Felgen bilden einen schlechten Reibbeiwert mit den Bremsbelägen, der Bremsweg verlängert sich dramatisch. Sattelstützen und Gabelschaftrohre werden rasch durch Klemmschlitze beschädigt.
Ein weiteres Problem birgt die Unsicherheit aus unsachgemäßer Montage oder Beschädigungen durch Sturz-/Unfallschäden. Denn Vorschädigungen am Bauteil sind augenscheinlich meist nicht zu erkennen. Carbonteile verformen sich nicht, sie brechen. Auch Korrosion kann Carbonrahmen gefährden, wenn aufgrund mangelhafter Pflege einlaminierte Aluteile, wie Gewindebuchsen, aufblühen. An dieser Stelle der Hinweis, dass Carbonteile an ihren Klemmstellen niemals gefettet werden dürfen! Lackierte Klemmstellen machen dem Mechaniker oft das Leben schwer. Im Zweifelsfall sollte man sich allmählich unter Verwendung eines Drehmomentschlüssels an eine ausreichende Klemmkraft herantasten. Vorbauten aus dem Wunderwerkstoff bringen gewichtsmäßig kaum Vorteile gegenüber guten Alubauteilen. Sättel aus Carbon sind hinsichtlich ihrer Formgebung und ihres Komforts mit Bedacht zu wählen.