Leicht und aerodynamisch muss ein Rennrad sein. Ist der Rahmen dazu noch halbwegs komfortabel und so fahrstabil, dass die Fuhre auch bei Tempo 70 noch stur die Spur hält, hat man es – da dürften sich alle Rennradfahrer einig sein – mit einem Spitzenprodukt der Gattung Rennrad zu tun. Aber wann ist ein Rennrad das Beste seiner Klasse? Die Antwort auf diese Frage hängt nicht zuletzt davon ab, nach welchen Kriterien ein Rennrad überhaupt beurteilt wird.
AIs TOUR vor etwas mehr als 25 Jahren mit dem systematischen Erfassen und Bewerten von Rennrädern begann, dachte niemand daran, dass es einmal selbstverständlich sein könnte, im Windkanal die Aerodynamik von Wettkampfrennrädern zu messen. Auch dem Komfort wurde zunächst keine besondere Aufmerksamkeit zuteil, die messbaren Unterschiede waren seinerzeit auch kaum der Rede wert.
Das Fundament für das, was später zum ersten und bis heute umfangreichsten objektiven Testverfahren für Rennräder wurde, hatte in den 1980er-Jahren der unvergessene Hans-Christian Smolik gelegt. AIs TOUR-Kolumnist und Autor zahlreicher Fachbücher zur Fahrradtechnik leistete er damals Grundlagenforschung, die bis heute nachwirkt. Unter anderem entwickelte er 1987 ein Verfahren, das neben der vertikalen Nachgiebigkeit auch die seitliche Verwindung eines Rahmens – als Maß für Spurtreue und Flatterneigung – messbar machte. Welche Schlüsse aus den Messwerten zu ziehen sind, überließ er jedoch weitgehend den Lesern.
DAS FUNDAMENT DER TEST-GESCHICHTE
Das änderte sich sieben Jahre später. In TOUR 11/1994 stellen die beiden Ingenieure und damaligen Technik- Redakteure Robert Kühnen und Dirk Zedler einen Prüfstand vor, der die Verdrehung des Rahmenvorderbaus gegenüber dem Hinterbau misst. Damals noch nicht absehbar: Mit diesem Prüfstand schreibt TOUR Technikgeschichte. Noch heute ermitteln viele Rennradhersteller mit genau dieser Messmethode die Fahrstabilität ihrer Rahmen. Für das TOUR-Sonderheft „Velowerkstatt 4 – Rahmen“, erschienen 1995, gingen für einen großangelegten Vergleichstest 49 Rahmen-Sets aus Stahl, Aluminium, Titan und Carbon über den Prüfstand. Testkriterien sind neben dem Gewicht sowie der Steifigkeit in Lenkkopf und Tretlager auch die mechanische Lackqualität und die Verarbeitungsqualität. Für jede dieser Eigenschaften werden Noten von „Sehr gut“ bis „Nicht ausreichend“ vergeben.
Einsamer Sieger ist der von den Testern als ,,Meister aller Klassen“ geadelte Alu-Rahmen Quantum pro des US-Herstellers Klein, der die Ranglisten beim Gewicht und bei der Lenkkopfsteifigkeit anführt. Noch weit nach der Jahrtausendwende, und im Grunde genommen bis heute, gilt der Quantum pro als Maßstab dafür, was mit Aluminium im Rahmenbau technisch machbar ist. Als bester Carbonrahmen belegt der Trek OCLV 5500 im gleichen Test immerhin Rang drei im Gewichts-Ranking. Die Rahmen der ersten OCLV-Generation waren damals noch nicht sehr verwindungssteif, doch man konnte bereits ahnen, welches Potenzial der Werkstoff Carbon im Rahmenbau noch bieten würde.
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Autor: Manuel Jekel
Foto: TOUR
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